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Alessandro Visentin

Heimatverbunden und weltgewandt
Alessandro Visentin lebt für das Theater mit Projekten weltweit

Viele Lehrerinnen und Lehrer sprechen in ihrem Leben hundertfach richtige Beurteilungen über ihre Schüler aus. Manchmal liegen sie aber auch meilenweit daneben, wie bei Alessandro Visentin. Seine Englischlehrerin in der 7. Klasse prophezeite seiner Mutter, ihr Sohn werde nie Englisch sprechen. Mit 21 Jahren ging Alessandro nach England, holte dort das Abi nach und studierte das, wovon er schon als Kind geträumt hatte: Schauspiel. 

„Ich hatte nach der Schule zunächst Koch gelernt und arbeitete in der Leitung eines Bistros, als ich beschloss, zu kündigen und meinem Traum zu folgen. Ich ging nach London und startete neu“, erzählt der 41-Jährige. Der Anfang war steinig. Mit wenig mehr als „yes“, „no“ und „maybe“ fing er an sich durchzuschlagen. Er traf in einer Jugendherberge auf eine alte Frau, die mal hier, mal dort in Londons Unterkünften wohnte und ansonsten durch die Stadt ging. „Sie hat sich die Mühe gemacht, mit mir zu sprechen, hat mir so Englisch beigebracht und mir London gezeigt“, erzählt er.

Alessandro Visentin fing an, in Jugendherbergen nicht nur zu wohnen, sondern auch zu arbeiten und holte das Abi nach, das er für sein geplantes Schauspielstudium brauchte. Unterstützung gab es für ihn von seinem Bruder, der für ihn die Schulgebühren übernahm. „Wenn du mal berühmt bist, kannst du mir ja ein Haus in der Toskana kaufen, hat er damals gesagt. Er muss noch warten“, sagt er und schmunzelt. 

Als das Abi geschafft war, bewarb er sich bei acht Schauspielschulen. Die East 15Acting School lehnte ihn zunächst ab, schickte aber zwei Wochen später eine Einladung zum Vorsprechen für einen neuen Studiengang, der vom Schreiben angefangen über Schauspiel, Regie bis hin zur Finanzierung und Umsetzung einer gesamten Theaterproduktion lehrte. Vier Jahre studierte Alessandro Visentin dort und hatte das erste Engagement an einem Londoner Off-Westend-Theater schon in der Tasche, bevor er das Examen hatte.

Zehn Jahre blieb er in England „hängen“, doch sein Beruf trug ihn rund um Welt – in große Teile Europas, die USA und nach Japan. 2017 gründete der heimatverbundene Weltenbummler zusammen mit Kollegen das Dramasuri Theaterfestival in Prien am Chiemsee und hatte mit Neil LaBute’s „Das Maß der Dinge“ ein äußerst erfolgreiches Regiedebüt.  

Anschließend konnte sich Alessandro Visentin aussuchen, ob er zunächst eine Regieassistenz beim Bayrischen Rundfunk oder am Landestheater Salzburg übernehmen wollte. Es zog ihn zunächst zum Fernsehen, zwei Jahre später mit seinem eigenen Stück „Eine Nacht im Theater – Ein Karl Valentin Abend“ zum Landestheater Salzburg. Dort war er ab der Spielzeit 2018/19 unter anderem als Hausregisseur engagiert. 

Inzwischen nimmt die Arbeit in Frankreich einen breiten Raum ein. Mehrere Monate im Jahr verbringt er dort an verschiedenen Orten und unterrichtet an Schulen und Universitäten. In seinen Workshops geht es um die Verbindung von Sprachunterricht und Körpersprache – ein Ansatz, der den Schülerinnen und Schülern unter anderem die Scheu vor dem Sprechen einer Fremdsprache nehmen soll. 

Diesen Sommer also Wangen im Allgäu, wo er mit Lukas Kientzler einen Kollegen trifft, mit dem er vor zehn Jahren in Aschau im Chiemgau zusammengearbeitet hat. Purer Zufall ist das.  

Die Frage liegt nahe, wohin es ihn nach dem Gastspiel in Wangen zieht. „Im Herbst geht es sicherlich wieder nach Japan, aber zuvor lasse ich mich selbst überraschen, wo das nächste Engagement sein wird“, sagt Alessandro Visentin.

Möglich, dass er auch noch den ein oder anderen Ausflug in die Berge zum Klettern unternimmt. Eine weitere große Leidenschaft ist die Musik mit Klavier, Gitarre und Gesang. Sagt’s und bricht auf, um sich eine Gitarre zu kaufen.